Stellungnahme des LEA Hamburg zur aktuellen Situation

Wir verstehen das Bestreben, die Betreuungszahlen in den Einrichtungen zu verringern, um das Infektionsgeschehen im Allgemeinen weiter einzudämmen und das Kita-Personal zu schützen. Dies unterstützen wir grundsätzlich. Uns drängt sich aber der Eindruck auf, dass von Seiten der Politik die hohen Fall- und Todeszahlen durch weitere Schließungen der Schulen und Kindertagesstätten verringert werden sollen, ohne dabei in den Bereichen zu handeln, in denen das Infektionsgeschehen tatsächlich am größten ist. Daher möchten wir darauf hinweisen, dass

 

  • bei alle Entscheidungen auch die Kinderrechte in Bezug auf deren Recht auf Bildung,
    Spiel und Beteiligung mit einbezogen werden müssen.
  • sowohl die soziale, emotionale wie auch finanzielle Last bei der Eindämmung des Pandemiegeschehens nicht zum größten Teil bei den Familien liegen darf.
  • der Schutz des Kita-Personals und die Verminderung von Betreuungszahlen in den Einrichtungen auch über sozial verträglichere und solidarischere Wege, als einen eingeschränkten Notbetrieb gelingen kann.

Wir haben weiterhin den Eindruck, dass nicht die Kinderrechte im Vordergrund der Entscheidungsfindung stehen. Anders lässt es sich nicht erklären, dass das erste Mittel der Wahl eine Einschränkung der Rechte ohne kreative, familien- und entwicklungsverträgliche sowie Kindeswohl schützende Lösungen ist. Unseres Wissens nach gibt es derzeit wissenschaftlich keine Grundlage, welche ein solches Vorgehen rechtfertigt.Weder gibt es in den Einrichtungen mit hoher Auslastung ein erhöhtes Infektionsgeschehen, noch gibt es eindeutige Hinweise auf die gewünschten positiven Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen durch Schließungen von Kitas, noch gibt es Belege für die stärkere Verbreitung von etwaigen COVID19 Mutationen bei oder durch Kinder. Dies sollte unserer Ansicht nach aber ausschlaggebend sein, um Kinderrechte derart zu beschneiden.

Nichts desto trotz wollen wir Eltern unseren Beitrag leisten, um diese Krise zu bewältigen. In den Familien, in denen dies möglich und sinnvoll ist, wird zurzeit viel geleistet. Dass sich durchgesetzte Familienmodell der gleichberechtigten Partnerschaft, bei dem in der Regel beide Elternteile berufstätig sind, führt dazu, dass viele Familien hier vor sehr großen Herausforderungen stehen. Dabei zeigen sich diese sehr vielschichtig, sei es durch das Alter, die Anzahl und den Unterstützungsbedarf der Kinder oder die Wohn- oder Finanzsituation der Familien. Zudem müssen zum Teil finanzielle Einbußen auf sich genommen werden - durch Kurzarbeit, Reduzierung von Arbeitsstunden oder durch die genommenen Kindkranktage, soweit sie überhaupt in Anspruch genommen werden können, die nicht das volle Gehalt abdecken. Die Belastungen für Alleinerziehende und Familien mit Kindern mit erhöhtem Förderbedarf wiegen hier zum Teil doppelt so schwer.
Sowohl der sozialen, emotionalen als auch der finanziellen Belastung sind schlichtweg nicht alle Familien gewachsen. Daher ist es gut, dass letztendlich die individuelle Notlage über den Betreuungsbedarf entscheidet. Jedoch stellt sich für viele Familien, in denen objektiv eine selbige vorliegt, genau diese Darlegung als schambehaftet und schwierig dar.

Daher plädieren wir zur Wahrung der Kinderrechte, Entlastung der Familien, zum Schutz des Kita-und GBS Personals und zur Eindämmung des Infektionsgeschehens für folgende Vorgehensweisen:

  1. Zur Wahrung der Kinderrechte
    • allen Kinder den Zugang zur Kita- und GBS Betreuung zu ermöglichen,
    um deren Recht auf Bildung und Spiel zu wahren.
  2. Zur Entlastung der Familien
    • Die Sicherstellung der völlig korrekten Vorgabe Arbeitnehmer*innen soweit möglich
    in das Homeoffice zu schicken, um Kontakte zu beschränken.
    • Grundsätzlich die Betreuung der Kinder in Kita- und GBS allen zu ermöglichen und eine Betreuung zuhause zur Ausnahme zu machen, indem eingeschränkte Betreuungszeiten und die Bildung fester Kohorten (Kinder und Personal) die Infektionsketten kontrollierbar halten.
    • Eine Regelung zur möglichen Nutzung der Kindkranktage für privat Krankenversicherte.
  3. Zum Schutz des Kita- und GBS Personals
    • Die Sicherstellung der ausreichenden Versorgung mit FFP2 Masken.
    • Die Ermöglichung von Schnelltests in den Einrichtungen.
    • Den Vorzug des Kita- und GBS-Personals in Stufe 2 der Impfstrategie.
    • Die Festlegung von Kohorten innerhalb der Einrichtungen mit entsprechend angepassten Betreuungszeiten.

Wir Familien des LEA Hamburg erkennen den Ernst der Lage an und wollen unseren Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie leisten. Wir weisen darauf hin, dass wir das Fundament unserer Gesellschaft bilden. Wenn über die Notlagen von Selbständigen, Gastronomen, Künstler*innen und vielen mehr gesprochen wird, dann sprechen wir auch über Eltern. Wir sind keine elitäre Gruppe, wir sind Erzieher*innen, Ärzte, Politiker*innen, Pfleger*innen und vieles mehr – wir sind die Gesellschaft! Wir sind Systemrelevant!